- Frage: Wie bzw. wodurch ist das
Gähnen zu erklären? Wodurch wirkt es
ansteckend? (Dr. med. 0./B.)
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- Antwort:
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- Gemessen an der Häufigkeit und
Selbstverständlichkeit dieser banalen
Begleiterscheinung von Müdigkeit und
Langeweile hat das Gähnen bisher nur eine
enttäuschend geringe Deutung und
Erklärung von seiten der Physiologie und
Pathophysiologie, der Morphologie und
pathologischen Anatomie erfahren. Von der
modernen Verhaltensforschung dürfte
für die Zukunft coraussichtlich noch der
gröBte AufschilB zu erwarten sein. In ihrem
Sinne gehört die ansteckende Wirkung des
Gähnens in die Rubrik der
"Stimmungsübertragung". Ploog sieht das
Gähnen als eine unter Wirbeltieren
verbreitete echte Instinktbewegung an.
-
- Eine exakte physiologische Erklärung
des Gähnens ist bisher nicht bekannt. Die
verbreitete Auffassung, es sei Folge einer
niedrigen Sauerstoffspannung, ist bisher
jedenfalls nicht bewiesen. Vermutet wird ein
Absinken des allgemeinen Tonus. Auf
neurologischem Gebiet wurde gelegentlich
beobachtet, daB zentral paretische GIiedmaBen im
Moment des Gähnens wieder bewegt werden
konnten, was für eine zentrale Verbindung
von Gähnen und Bewegungsabläufen
spricht; diese ist uns auch von den
Räkelbewegungen geläufig, die das
Gähnen oft begleiten. - Bekanntlich treten
nach bestimmten Hirnkrankheiten, z.b. nach
Encephalitis epidemica, Gähnanfälle
als psychomotorische Zwangserscheinugen auf.
Die Anfrage trifft einen empfindlichen Punkt und
bestätigt, daB Alltäglichkeiten am
schlechtesten durchforscht zu sein pflegen.
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- Prof. Dr. med. W. Schulte (gemeinsam mit Dr.
med. Dettmering und Dr. med. Pörksen),
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