-
- Im Anfange meiner ärtlichen Praxis, im
Sommer des Jahres 1817, wurde ich nach W. zu
einem 18 jährigen Mädchen
gerufen.
-
- Ich fand dasselbe im Bette anfrecht sitzend,
mit hochrothen Wangen, unruhigem Blicke, und
stets zum Gähnen geöffnetem Mund. Der
Puls war unregelmäBig, erts langsam, dann
gegen den sechsten oder achetn Pulsschlag,
beschleunigt und krampfig zusammen gezogen. Im
linken Arm äufserte sich der Kramps durch
wechselnde Wirkung von Flexion und Extension.
Meine Fragenkonnten nur durch Zeiten beantwortet
werden, denn das unausgesetze Gähnen liefs
der Kranken nicht Zeit einen Sprachton von sich
zu geben . sie deute auf die Gegend der
Herzgrube, äufsernd, dafs sie daselbst
schmerzliche Empfidindungen, Beklemmungen
verspäre. Etwas gespannt und geschwollen
fühlten sich auch wirklich die
Präcordien an.
-
- Aus den Erkundigungen, welche ich von der
Mutter und der Herrschafft der Kranken einzog,
ging hervor, dafs dieselbe von Kindheiten an,
aufser den gewöhnlichen Kinderkranheitenn
recht gesund gewesen und keine erbliche Anlage
zu Krämpfen von Seiten der Eltern,
obwaltete.
-
- Prädisponirende ursächliche
Momente waren hier ohne Zweifel die Periode der
Entwicklung, eintretende Pubertät,
vollsaftige, Höchst irritbabele
Constitution.
-
- Gelentliche ursächliche Momente
hingegen, Erkältung der FüBe und des
Unterleibes zur Zeit, wo di Catamenien flossen.
Sie war nämlich an del Tag ihres
Kranwerdens zuerst menstruirt worden, und hatte
trotz dem in fkiefsebdem Wasser, was bis an den
Unterleib, reichte, einige Zeit stehend
zuebracht, aus welchem man sie ohnmähtig
ins Bett getragen.
-
- Aus der Ohnmacht war sie bald wieder erweckt
worden; aber nun hatte sie über beklemmung
der Brust und Schmerz un den Präcordien
geklagt, dem bald nachher unausgesetztes
Gähnen gefolgt war, was seit dem vorigen
Tage Mittags, bis zu meiner Ankunft, (etwa 24
Stunden) schon angedauert hatte.
-
- Bei so bewandten Umständen verordnete
ich ein starkes Aderfals am FuBe, warme
ätherische Fomenstationen auf den Unterleib
und Zum innern Gebrauch:
- ....
-
- Tages darauf brachte der Vater des
Mädchens mir die Nachricht, dafs die
clonischen Krämpfe im linken Arme sich
gelegt, das Gähnen aber noch nicht
bedeutend abgenommen habe. Von den Catamenien
hatte sich noch nichts wieder gezeigt. Ich
verordnete defshalb Blutegel an die innere Seite
der Schenkel und da es auch seit drei Tagen an
Stuhlausleerung gemangelt hatte, ein
erweichendes, krampfstilleudes Clystier. Die
Mixtur von gesterne liefs ich erneurn. Heute
konnte ich, anderer Geschäffte wegen, nicht
zur Kranken kommen, versprach aber den morgenden
Tag dort zu seyn.
-
- Gegen Mittag traf ich daselbst ein, und fanf
die Kranke zwar noch im Bette, aber frei von
krampfigen Beschwerden und ohne Gähne, nur
über Gefühl von Mattigkeit, trockene,
etwas heiBe Haut und etwas Beengung des
Atemsklagend. Am gestrigen Trage waren nach
Anwendung der Blutegel, die Catamenien wieder
eingetreten, worauf nach und nach die vorher
beängstigenden Symptome sich verloren
hatten, do daB Patienten die bisher entbehrte
Ruhe des Schlafes geniessen konnte.
-
- In Hinsicht der noch übrigen Klagen der
Patientin, wurde verordnet:
-
- ...........
-
- Einige Tage darauf wurde mir berichtet, das
Mädchen sey jetzt, etwas Schwäche
abgerechnet, ganz wohl, und könne den
leichtern Arbeiten im Hause vorstehen.
|